Heilpädagogik wird wirksam, wenn sie dort ansetzt, wo Familien jeden Tag gemeinsam leben. Mit kleinen, wiederholbaren Schritten entstehen Erfolgserlebnisse, die Kinder stärken und Eltern entlasten.
Die folgenden fünf heilpädagogischen Übungen lassen sich ohne großen Aufwand in Ihren Alltag integrieren und unterstützen Entwicklung in Sprache, Motorik, Aufmerksamkeit und Selbstwirksamkeit.
Warum heilpädagogische Übungen zu Hause wirken
Im vertrauten Umfeld greifen Beziehung, Beobachtung und klare Methoden Heilpädagogik besonders gut ineinander. Die Übungen knüpfen an Routinen an, nutzen vorhandene Materialien und machen Fortschritt sichtbar.
Für Fachkräfte aus Frühförderung und Heilpädagogik Jugendhilfe sind sie zugleich eine Brücke, um Ziele aus Förderplänen in den Familienalltag zu übersetzen. So ergänzen sich Heilpädagogik, Sonderpädagogik und Inklusionspädagogik zum Nutzen des Kindes.
Die fünf heilpädagogischen Übungen im Überblick
Die Ideen lassen sich je nach Ziel und Alter anpassen. Wählen Sie pro Tag ein bis zwei Impulse und beenden Sie jede Einheit bewusst mit einem kleinen Erfolg. Das fördert Motivation und steigert die Chance, dass sich die Übung als Routine etabliert.
| Übung | Ziel | Alltagssituation | So gelingt der Start |
| Wunschkiste | Kommunikationsanbahnung und Wortschatz | Beim Frühstück oder vor dem Spiel | Eine kleine Box mit Bildern oder Gegenständen füllen. Das Kind wählt, zeigt oder benennt einen Wunsch. |
| Schatzsuche im Wohnzimmer | Aufmerksamkeit und Planen in Schritten | Am Nachmittag mit Geschwistern | Zwei bis fünf Hinweise führen nacheinander zum Ziel. Jede Station kurz loben und weitermachen. |
| Teller-Takt | Gesprächsführung und Signalkontrolle | Beim Abendessen | Ein ruhiger Rhythmus mit wiederkehrenden Start- und Endsignalen. Ein Zeichen für Bitte und Danke einüben. |
| Wäsche-Farbsortieren | Wahrnehmung, Sprache und Selbstständigkeit | Beim Wäschefalten | Socken nach Farben ordnen und zu Paaren legen. Ergebnisse sind sofort sichtbar. |
| Rollenwechsel | Perspektivübernahme und Selbstwirksamkeit | Vor dem Zubettgehen | Das Kind erklärt dem Erwachsenen eine einfache Aufgabe. Kompetenz wird direkt erlebbar. |
So verankern Sie Übungen in Ihren Alltag
Kurze Einheiten sind besser als lange Programme. Koppeln Sie die Übung an einen festen Anker wie Mahlzeiten oder das Zähneputzen. Beschreiben Sie immer, was gut gelungen ist.
Nutzen Sie eine wiederkehrende Formulierung, damit die Struktur verlässlich bleibt. Wenn mehrere Bezugspersonen beteiligt sind, sprechen Sie sich ab und halten Sie die gleichen Start- und Endsignale ein.
Die fünf Übungen ausführlich beschrieben, mit Variationen für Autismus und ADHS
Wunschkiste – Kommunikation in echten Situationen
Vorbereitung: Legen Sie eine kleine Box an. Füllen Sie sie mit drei bis fünf Bildern oder Gegenständen, die häufige Wünsche abbilden. Zum Beispiel Becher, kleines Auto, Buch, Musikbild.
Ablauf: Bitten Sie Ihr Kind, etwas aus der Box zu wählen. Warten Sie ruhig zwei Atemzüge, bevor Sie nachfragen. Benennen Sie gemeinsam den Wunsch. Geben Sie das Gewünschte und spiegeln Sie die Aktion in einfacher Sprache. Dadurch wird Sprache mit Handlung verknüpft.
Steigerung: Erweitern Sie die Auswahl wöchentlich um ein neues Symbol. Bitten Sie Ihr Kind, eine Mini-Kette zu bilden. Erst wählen, dann zeigen, dann benennen. Jede gelungene Stufe wird kurz gelobt.
Varianten bei Autismus: Nutzen Sie klare, kontrastreiche Symbole und einen festen Platz für die Box. Beginnen Sie immer mit derselben Reihenfolge. Erst Blick zur Box, dann Wahl, dann Benennung.
Varianten bei ADHS: Halten Sie die Auswahl klein und die Runde kurz. Ein Timer von einer Minute sorgt für Fokus. Beenden Sie mit einem sichtbaren Erfolg, zum Beispiel einem Sticker auf einer Wochenkarte.
Schatzsuche im Wohnzimmer – Aufmerksamkeit planen und dranbleiben
Vorbereitung: Schreiben oder zeichnen Sie zwei bis fünf einfache Hinweise. Legen Sie die Zettel so, dass der Weg logisch bleibt. Starten Sie immer mit einem sicheren Treffer, damit Motivation entsteht.
Ablauf in drei Schritten: Erster Hinweis wird gemeinsam laut gelesen oder gezeigt. Das Kind sucht, findet den Ort und erhält sofort eine kurze Bestätigung. Nächster Hinweis folgt ohne Pause. Am Ziel wartet ein kleiner, alltagsnaher Gewinn wie eine gemeinsame Spielrunde.
Steigerung: Erhöhen Sie die Anzahl der Hinweise langsam. Bauen Sie eine Plan-Karte ein, auf der das Kind den Fortschritt abkreuzt. So wird das Planen in Schritten greifbar.
Varianten bei Autismus: Verwenden Sie visuelle Pfeile und Fotos der Zielorte. Reduzieren Sie Hintergrundreize und sagen Sie vorab klar, wie viele Stationen es gibt.
Varianten bei ADHS: Nutzen Sie kurze, aktivierende Wege. Arbeiten Sie mit Start- und Endsignal. Nach jeder Station kurz innehalten, Erfolg benennen, direkt weitermachen.
Teller-Takt – Gesprächsführung und ruhige Signale am Tisch
Vorbereitung: Vereinbaren Sie zwei wiederkehrende Signale für den Essensablauf. Ein Startsignal wie eine kleine Glocke und ein Endsignal wie ein gemeinsamer Spruch. Legen Sie zwei Tischkarten bereit. Eine Karte steht auf Grün für Ich möchte etwas. Die andere Karte steht auf Rot für Ich mache eine Pause.
Ablauf: Startsignal geben und den ersten Wunsch anbahnen. Das Kind hebt die grüne Karte, benennt oder zeigt den Wunsch, Sie spiegeln und erfüllen ihn in ruhigem Tempo. Nach zwei bis drei gelungenen Runden folgt eine kurze Pause mit der roten Karte. Das Endsignal beendet die Übung verlässlich.
Steigerung: Führen Sie ein einfaches Dialogmuster ein. Ich bitte. Du antwortest. Ich bedanke mich. Üben Sie zuerst mit einem gewünschten Lebensmittel. Übertragen Sie das Muster später auf Getränke und Besteck.
Varianten bei Autismus: Feste Sitzordnung, einfache Tellerfarben und eine visuelle Schrittkarte helfen. Halten Sie Sprache klar und gleichbleibend.
Varianten bei ADHS: Planen Sie ein kurzes Bewegungsfenster vor dem Start. Setzen Sie die Übung auf drei Minuten und beenden Sie bei Erfolg. So bleibt die Motivation stabil.
Wäsche-Farbsortieren – Wahrnehmung, Sprache und Selbstständigkeit
Vorbereitung: Legen Sie drei Körbe oder Tücher in unterschiedlichen Farben bereit. Mischen Sie zehn Socken. Benennen Sie die drei Zielfarben.
Ablauf: Lassen Sie Ihr Kind eine Socke ziehen und laut sagen, welche Farbe es sieht. Das Kind legt die Socke zum passenden Korb. Sie spiegeln die Farbe und beschreiben eine Eigenschaft. Weich, dick, gemustert. Bilden Sie zum Schluss Paare und feiern Sie zwei gelungene Funde.
Steigerung: Führen Sie eine Minuhr ein. In einer Minute werden drei Socken richtig zugeordnet. Später kommen Muster oder Größen als zusätzliches Sortierkriterium dazu. Das stärkt visuelle Unterscheidung und Planen in Schritten.
Varianten bei Autismus: Arbeiten Sie zuerst mit klaren, ungemusterten Socken. Nutzen Sie Fotokarten der drei Farben. Gleiche Reihenfolge in jeder Runde.
Varianten bei ADHS: Starten Sie mit einer kleinen Menge. Wechseln Sie Tempo und Stimme zwischen Ziehen und Ablegen. Kurze, lebendige Sequenzen halten die Aufmerksamkeit.

Rollenwechsel – Selbstwirksamkeit und Sprache stärken
Vorbereitung: Wählen Sie eine einfache Aufgabe, die das Kind sicher kann. Zum Beispiel eine Pflanze gießen oder Bausteine in einer Reihenfolge stapeln. Legen Sie das Material bereit und kündigen Sie den Rollenwechsel an.
Ablauf: Das Kind erklärt, Sie folgen der Anleitung mit echtem Ernst. Stellen Sie nur Verständnisfragen, wenn das Kind stockt. Am Ende beschreibt das Kind selbst, was gut geklappt hat. Sie fügen eine kurze Beobachtung hinzu, die die Kompetenz sichtbar macht.
Steigerung: Bitten Sie Ihr Kind, einen kleinen Plan mit drei Schritten zu zeichnen. Danach führen Sie die Aufgabe nach Plan aus. Beim nächsten Mal baut das Kind eine neue Variante ein. So wächst Flexibilität ohne Druck.
Varianten bei Autismus: Nutzen Sie Piktogramme für die drei Schritte. Lassen Sie Pausen zwischen den Anweisungen. Halten Sie die Umgebung ruhig.
Varianten bei ADHS: Arbeiten Sie mit klaren Startsignalen und einem sichtbaren Ziel. Ein Sandtimer von zwei Minuten hilft, die Aufgabe zügig abzuschließen. Beenden Sie mit einer kurzen Bewegungsaufgabe.
Heilpädagogische Übungen passgenau gestalten
Heilpädagogische Diagnostik liefert Hinweise, welche Ziele im Alltag Priorität haben. Aus Beobachtungen, Elternperspektive und Rückmeldungen aus Kita, Schule oder Jugendhilfe werden ein bis drei alltagstaugliche Ziele abgeleitet. Darauf bauen die Übungen auf.
Ein Heilpädagoge oder eine Heilpädagogin achtet darauf, dass Formulierungen klar bleiben und Fortschritte beobachtbar sind. So verbindet sich fachliche Präzision mit lebensnahen Schritten.
Zugleich lohnt der Blick auf Methoden Heilpädagogik im Zusammenspiel mit Logopädie, Ergotherapie und Physiotherapie. Wird zum Beispiel die Wunschkiste mit einer Bildermappe für Unterstützte Kommunikation verbunden, verstärken sich Effekte in Alltagssituationen wie Essen oder Anziehen.
Inklusive Pädagogik steuert dabei Impulse zur Anpassung der Umgebung bei, während Sonderpädagogik den Transfer in den schulischen Rahmen unterstützt.
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Hinweise bei Autismus und ADHS
Kinder im Autismus-Spektrum profitieren von vorhersehbaren Abläufen, klaren visuellen Hinweisen und reduzierten Reizen. Legen Sie die Wunschkiste an einem festen Ort ab und nutzen Sie eindeutige Symbole. Wiederkehrende Rituale geben Sicherheit und fördern Teilhabe.
Bei ADHS helfen kurze, gut abgegrenzte Einheiten mit sichtbaren Erfolgen. Start- und Endsignale beim Teller-Takt oder Timer beim Rollenwechsel strukturieren die Aufmerksamkeit und erleichtern das Dranbleiben.
Heilpädagogik bei Autismus und Heilpädagogik bei ADHS teilen das Ziel, Überforderung zu vermeiden und Motivation zu erhalten. Die Übungen bleiben leicht, freudvoll und gut planbar.
Zwei Leitgedanken für den Alltag
- Kleine Schritte, klare Sprache und viel Bestätigung.
- Übungen an bestehende Routinen koppeln, nicht obenauf packen.
Zusammenarbeit und Finanzierung klären
Wenn Heilpädagogik in der Jugendhilfe verankert ist, greifen Leistungen und Zuständigkeiten zuverlässig ineinander. Frühförderstellen, Beratungsstellen und sozialpädiatrische Zentren unterstützen bei der Auswahl der Ziele, während Einrichtungen der Behindertenhilfe Übergänge begleiten.
Fragen zu Kosten Heilpädagogik lassen sich je nach Region mit Jugendhilfe oder Eingliederungshilfe klären. Verständliche Ziele und nachvollziehbare Dokumentation erleichtern die Bewilligung und sichern Kontinuität im Alltag.
Fazit: Weniger Druck, mehr Gelingen
Heilpädagogische Übungen entfalten Wirkung, wenn sie klein, wiederholbar und gut abgestimmt sind. Sie stärken die Selbstwirksamkeit des Kindes und bringen Ruhe in wiederkehrende Situationen. Wer die Übungen mit Diagnostik, Förderplanung und guter Zusammenarbeit verbindet, erlebt spürbare Entlastung im Familienalltag.
TheraVira als verlässlicher Partner
Die App- und Webanwendung TheraVira bündelt ICF-konforme Dokumentation, Planung, Kommunikation und Abrechnung in einer integrierten, mobil nutzbaren Plattform. Sie unterstützt Fachkräfte in der interdisziplinären Frühförderung, der heilpädagogischen Frühförderung sowie im heilpädagogischen Zentrum – praxisnah, datenschutzkonform und intuitiv bedienbar.
Häufig gestellte Fragen zu heilpädagogischen Übungen
Kurze Impulse an ein bis zwei festen Momenten pro Tag reichen aus. Regelmäßigkeit ist wichtiger als Dauer. So wachsen Routinen ohne Druck.
Die Ideen lassen sich flexibel anpassen. Entscheidend ist das Ziel, nicht das Alter. Beobachten Sie, was Ihr Kind motiviert, und variieren Sie die Anforderung.
Notieren Sie wöchentlich zwei Beobachtungen zum Gelingen der Übung. Das ist eine einfache Form der Dokumentation und unterstützt die nächste Abstimmung mit Fachkräften.
Heilpädagogik arbeitet ressourcenorientiert im Lebensumfeld, Sonderpädagogik strukturiert Lernwege in der Schule und Inklusionspädagogik passt Umgebungen an. Im Familienalltag wirken sie am besten zusammen.
Anlaufstellen sind Frühförderstellen, heilpädagogische Praxen und Beratungsstellen. Dort werden Ziele aus der heilpädagogischen Diagnostik abgeleitet und Fragen zu Kosten der Heilpädagogik gemeinsam mit Jugendhilfe oder Eingliederungshilfe geklärt.


